Sonntag, 9. November 2008
9. November - Fast wie im Leben
Bist du sicher, dass du über die Administratorrechte für dein Leben verfügst? Oder hat die jemand anders? Vielleicht Gott oder die kosmische Kraft oder wohlmöglich ein anderer Mensch? Was bleibt dir dann übrig als die neue Software nicht zu installieren und irgendwie mit dem klar zu kommen, was du bereits auf deiner Festplatte laufen hast.

Aber vielleicht ist es ja auch so, dass du tatsächlich und wirklich komplette Rechte über dein Leben besitzt und es allein an dir liegt zu entscheiden, ob du dein WLAN offen oder gesichert betreibst, ob du einfach alles mögliche runterlädst und installierst, ob du andere einlädst mit dir in deinem Netzwerk zu spinnen oder doch lieber autonom gänzlich ohne Anbindung an die Datenautobahnen dein Dasein genießt und aus dir selbst schöpft.

Aber auch mit vollen Administratorrechten unterliegst du Einschränkungen, die dir die Hardware auferlegt. Und wenn du die Gebrauchsanweisung nicht gelesen hast, kann es zu üblen Zwischenfällen kommen. Überhaupt sind die meisten Probleme im Leben wie auch am Computer auf Anwenderfehler zurückzuführen. Nicht alle sind zu reparieren. Trotzdem wird dir oft genug nichts anderes übrig bleiben als einfach mit OK zu bestätigen, obwohl du rein gar nichts verstanden hast, worum es überhaupt gerade geht. Weil die Alternative nur die völlige Blockade wäre.

Eben fast wie im richtigen Leben, aber nur fast. November

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8. November - Dreiheit
Ich bin Körper. Mein Schweiß dringt aus jeder Pore. Mein Blut pulsiert. Wenn ihr mich lasst, dann funktioniere ich wie ein Uhrwerk. Nur bin ich viel wundersamer als das. Ein Wunder der Natur. Ein Wunder an Kollaboration. Jede Zelle in mir arbeitet mit den anderen auf erstaunlichste Weise zusammen. Ich überlebe in Kälte und Hitze. Ich ertrage Schmerz und Leid. Ich springe in die Luft aus höchster Freude. Ich schütze euch immer und ewig, solange ich lebe. Ich bekomme Beulen von eurer Unachtsamkeit. Ich bringe euch den großen Genuss von Lust und den großen Verdruss mit der Lust auch. Ich bin ein Abbild der Seele und die Verschmelzung zweier fremder DNA-Stränge zu einem. Mein Bauplan steckt in jeder meiner lebendigen Zellen und ich bin einzigartig, wandlungsfähig, eigensinnig. Ich bin Körper.

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Ich bin Geist. Mein Sitz ist in den Aussenregionen, den Spitzen, den Höhen. Mein Werkzeug ist das Wort, meine liebste Tugend die Ordnung. Am liebsten habe ich alles hübsch kategorisiert, erklärt, abgeheftet. Ich mag keine Überraschungen. Manchmal schwebe ich in hohen Spähren. Ich versuche zu verstehen, ich versuche logische Schlüsse zu ziehen aus den Informationen, die ich hereinbekomme. Manchmal ist das schwierig für mich. Die ordentlich abgelegten Anweisungen stimmen nicht immer mit dem aktuellen Input überein. Was verwerfe ich dann? Die neue Erfahrung oder die überlieferte Tradition? Das Ist oder das Soll? Dürfen Widersprüche unaufgelöst nebeneinander existieren? Ich bin bemüht gut dazustehen. Meine Ordnung muss stimmen. Ich kann mir keine Fehler erlauben. Ich bin Geist. Ich bin Logos.

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Ich bin Seele. Unwandelbare Wandlung. Meinen Sitz habe ich tief in den Wurzeln von Körper und Geist: im Unterleib, im Bauch, im Herzen, im Kopf. Ich wundere mich über nichts und staune ständig. Manchmal trauere ich. So lange bin ich hier und der Schmerz bleibt immerdar. Tränen fließen. Manchmal freue ich mich. So lange bin ich hier und der Quell der Freude versiegt nie. Lachen perlt aus mir. Es sind die kleinen Zeichen mit denen ich zu euch spreche, lieber Körper, lieber Geist. Ihr beide wärt ohne mich vielleicht ganz zufrieden aber doch nicht komplett. Ihr braucht mich um den ewigen Streit zu schlichten. Ihr braucht mich um heil zu werden. Ich bin Seele. November

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