Montag, 8. September 2008
31. August - Abschied
Sonntagswetter. Hoch das Blau mit weißen Schlieren. Golden leuchtet die Abendsonne.

Sie gibt dem Gras noch einmal diesen hellgrünen, frühlingshaften Farbton, obwohl bereits fast alles abgeerntet ist und die Felder mit blanker, aufgeworfener Erde in den Himmel blicken. Langsam lässt die Sauglust der blutgierigen Bremsen nach. Die feinen Sommerblumen sind längst verblüht und machen jetzt den kräftigen Herbstfarben Platz. So schnell geht dieses Jahr die Zeit des Wachsens und der Reife vorbei. Trauer erfasst mich. Was nützt das Wissen, dass es nächstes Jahr wieder Frühling und Sommer geben wird. Erfüllt bin ich nun von Abschied. August

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30. August - Überschätzt
Ein lauter Pfiff schrillte in Jennys Ohren. Aber sie drehte sich nicht um. Sie kannte das bereits. Immer wenn sie an dieser Baustelle vorbeikam hörte sie die anzüglichen Bemerkungen, die Pfiffe und oft auch Gejohle.

Es war nicht so, dass Jenny irgendwie besonders sittsam oder prüde gewesen wäre. Vielleicht hätten ihr die Zurufe sogar Spaß gemacht, wenn sie von einigermaßen hübschen Männern gekommen wären. Aber die Bauarbeiter waren entweder uralt, mit schlechten Zähnen, genauso breit wie hoch und einfach ungepflegt oder aber jung und ungelenk und pickelig. Kein einziger war darunter, der auch nur halbwegs annehmbar aussah. Aber sie hatten keinerlei bedenken einer Frau hinterherzupfeifen, die für sie sicherlich immer unerreichbar bleiben würde, außer in ihren Phantasien natürlich.

Da drehte sich Jenny einer plötzlichen Eingebung folgend um. Die Pfiffe verstummten schlagartig. Die Männer schauten einander betreten an. Jenny machte ein paar Schritte auf sie zu, warf sich in Pose und musterte die Kerle herausfordernd. Einer begann sich verlegen die Hände an der Hose abzuwischen, ein anderer griff schnell nach einem Werkzeug und verschwand im Inneren des Gebäudes, zwei weitere schauten betreten zu Boden und der picklige Lehrling lief knallrot an. Keiner wagte auch nur einen Mucks. Da lächelte Jenny zufrieden und marschierte davon. August

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29. August - Nachtgedanken
Jeder bemüht sich, so gut er kann. Das ist schließlich eine allseits anerkannte Tatsache. Was denn auch sonst? Niemand möchte freiwillig ein Idiot sein oder schlecht in Sport oder dumm in Mathematik.

Aber trotzdem gelingt nicht jedem alles gleich gut. Das ist wiederum gar nicht so schlecht, vor allem im Hinblick auf Indiviualität und Persönlichkeit und auch die Würde des Einzelnen, die doch unantastbar sein soll. Zumindest solange die Fernsehkameras ausgeschaltet sind und solange es sich mit der Geschäftspolitik vereinbaren lässt.

Das offenbart: Mit der Würde ist das auch so eine dehnbare Sache. Dehnbar wie zum Beispiel die Freiheit. Wir leben in Freiheit, selbstverständlich. Trotzdem haben wir unsere Freiheit selbst ein wenig eingeschränkt im Namen des Volkes. Was ja auch gut und richtig ist. Denn wo kommen wir denn da hin, wenn jeder seine Bäume fällt wie er lustig ist oder wohlmöglich lila Dachziegel eindecken lässt. Oder – Gott behüte – irgendjemand einfach so ein fraktales Haus baut oder ein kugelförmiges. Wohlmöglich in einem Wohngebiet, wo sogar Dachgauben abgelehnt werden, wenn nicht kleine in völliger Freiheit angebotene Gefälligkeiten an entsprechender Stelle dargebracht werden.

Gedanken, die sind frei, solange sie keiner ausspricht selbstverständlich. Das könnte schon so ein klein wenig problematisch werden, wenn jetzt jeder meint, er könne seine Meinung einfach so äußern und würde damit sogar noch Gehör finden. Außerdem wollen wir ja auch keinen verletzen. Und so bleibt die Wahrheit schon manches Mal auf der Strecke. Wer möchte schon gerne hören: „Du hast aber zugenommen“, oder „Früher hattest du aber mal mehr Haare.“ Und das sind harmlose Wahrheiten, die uns schon nicht über die Lippen kommen. Solche offensichtlichen Makel auszusprechen ist vielleicht noch Kindern oder Betrunkenen gestattet.

Aber die kleinen, gemeinen Geheimnisse, die hinter jeder Fassade lauern. Wer deckt die auf? Niemand. Und so sitzen alle in ihren Kammern und fürchten allein zu sein mit ihren schrecklichen Wahrheiten. Dabei geht es uns doch allen so. Und wir müssten niemals allein sein im Angesicht der Wahrheit. Und trotzdem wählen wir lieber die Lüge, die uns trennt, die uns das Gesicht wahren lässt. Nun ja, jeder bemüht sich eben, so gut er kann. August

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28. August - Der Platz am Ofen
Es war einmal ein kleiner Kater, der lag auf der Bank am Ofen und wärmte sich. Da kam der Herr des Hauses in die Stube und fand den Kater am besten und wärmsten Platz im ganzen Raum und wollte ihn verscheuchen.

Aber da wies die Herrin in zurecht und sagte: „Hast du heute Morgen schon Mäuse gefangen, diese Plagegeister, die unsere Vorräte anknabbern?“

Der Herr verneinte.

„Hast du heute Morgen schon um meine Beine geschnurrt und mir lieb getan?“

Wieder verneinte der Herr.

„Dann lass den kleinen Kerl in Frieden schlafen. Setz dich gefälligst woanders hin.“

Und der Herr des Hauses setzte sich auf einen Stuhl und wärmte sich die Füße am Ofen. Da erwachte der Kater, reckte sich und streckte sich, miaute einmal zur Begrüßung als er den Herrn sah. Dann sprang er ihm auf den Schoß, schnurrte und tat auch ihm lieb. Da war der Herr aber froh, dass er den Kater auf der Bank hatte schlafen lassen. August

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27. August - Erben
Eines Tages sah sich Rebecca in arger Bedrängnis. Völlig unerwartet, aus heiterem Himmel, ganz und gar ohne Vorankündigung kam das Unglück in Gestalt des Postboten an ihre Haustür.
Arglos öffnete sie, nahm zwar verwundert aber noch völlig ohne etwas Schlimmes zu vermuten zusammen mit der übrigen Post ein amtliches Schreiben entgegen. Sie öffnete es neugierig. Und dann las sie es. Sie hatte geerbt. Noch wusste sie nicht, um was und wieviel es sich handelte. Anscheinend war sie die einzige Erbin einer unlängst verstorbenen Großtante, die sie – wie sie sich mühsam erinnerte – wohl einmal als Kind getroffen hatte. Da sie weder Geschwister noch Eltern oder andere Verwandte hatte und als einzige übrig war von ihrer alten und ehemals großen Familie, kam es ihr nicht so sehr verwunderlich vor, dass irgendeine alte Großtante ihr ihre mageren Ersparnisse hinterlassen haben sollte. Viel mehr aber sorgte sie sich darüber, wo dieses Tante denn nun begraben sei. Ob sie überhaupt schon beerdigt war. Rebecca hatte einen guten Job und einen Lebensgefährten, der ebenfalls gut situiert war. So glaubte sie keine Sekunde, dass diese Erbschaft nun wirklich etwas an ihrem Leben würde ändern können. Die Formalitäten der Erbschaft waren nicht neu für Rebecca, sie hatte diese beim Tode ihres Vaters an der Seite ihrer Mutter kennengelernt und nach dem Tode ihrer Mutter selbst erledigen müssen. Und als sie dann beim Notar saß, sie saß zum Glück, blieb ihr fast das Herz stehen als er ihr erklärte, was sie geerbt hatte. Es handelte sich um eine sehr große Zahl, um Investments, Bankschließfächer, Schmuck, Pelze, um eine lange Liste von Immobilien und Wertgegenständen. Rebecca wurde ganz weiß um die Nase. Der Notar schenkte ihr einen Weinbrand ein und schob ihn ihr über den Tisch. Rebecca räusperte sich und rang nach Fassung. Der brennend scharfe Geschmack des Alkohols brachte sie soweit zur Besinnung, dass sie dem Notar mitteilen konnte, es handele sich sicherlich um einen Irrtum. Sie habe sich doch verhört, habe einfach nicht so ganz aufgepasst. Ihre Großtante, an die sie sich kaum erinnern könne, das gebe sie zu, sei doch eine ganz einfache, normale Frau gewesen. Zumindest als sie, Rebecca, noch ein Kind gewesen sei. Der Notar versicherte Rebecca, dass es ganz sicher kein Irrtum sei und sie könne sich gerne noch eine Weile ausruhen, bevor er ihr erklären würde, wie es weiterginge. Rebecca begann zu zittern. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die Probleme mit Geld hatten, noch nie in ihrem Leben hatte sie sich mehr gewünscht als sie besaß. Sie war immer zufrieden. War niemals auf die Idee gekommen an einem Glücksspiel teilzunehmen. Sie lächelte immer nur voller Unverständnis, wenn Menschen sich in ihrer Gegenwart darüber beschwerten, dass sie zu arm seien. Vielleicht hatte ihre Mutter ihr das beigebracht. Das Leben war eben schön, ob sie sich nun Pellkartoffeln oder Kaviar leisten konnte. Aber nun, da sie mit einem Vermögen belastet war, ja sich fast bestraft sah. Was sollte sie mit soviel Geld bloß anfangen? Welch eine Verantwortung wurde ihr da aufgeladen? Da fragte sich Rebecca, ob sie hier mit der Philosohpie ihrer Mutter noch weiterkam. Wenn sie wollte, konnte sie sich tonnenweise Kaviar kaufen, den in goldenen Schalen den obdachlosen ihrer Stadt servieren und das 365 Tage im Jahr und sie wäre immer noch stinkend reich. Was würden ihre Freunde sagen, ihr Lebensgefährte? Würden jetzt nicht plötzlich viele Leute sie um Geld anhauen? Und wie sollte sie darauf reagieren? Wie sollte sie entscheiden? Und wie wüsste sie in Zukunft wer es ehrlich mit ihr meinte und wer es nur auf das Geld abgesehen hatte. Sie musste es geheimhalten, das war die einzige Lösung oder das Erbe doch noch ausschlagen. Aber dann würde es einfach der Staat bekommen und das konnte doch nicht im Sinne ihrer Tante sein? Schließlich hatte sie ihr das Geld hinterlassen. Sie musste unbedingt herausfinden, was ihre Tante für ein Mensch gewesen war. Wie sie gelebt hatte und wie sie zu dem ganzen Geld gekommen war. Dann würde sie sich entscheiden. Dann würde sie die ganze Verantwortung auf sich nehmen, diesen großen, sehr großen Reichtum gerecht und sinnvoll zu verwalten. August

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26. August - Im Baumarkt
Mir ist letztens etwas Merkwürdiges passiert. Ich suchte im Baumarkt ziemlich lange nach einem bestimmten Bohrer, der aber leider nicht im Sortiment vorhanden war. Also schickte ich mich an den Markt wieder zu verlassen ohne etwas zu kaufen.

An der Kasse schlängelte ich mich an den Wartenden vorbei. Die Kassiererin schaute mich böse an und ich hob die Hände, um anzudeuten, dass ich nichts zu bezahlen hätte. Da nickte sie mir zu und ich ging weiter. Kurz vor der Schiebetür mit den Detektoren zur Diebstahlsicherung hielt mich ein junger Mann auf und bat mich meine Jackentaschen auszuleeren. Ich schaute ihn verduzt an. Weil ich aber gerade keine Lust hatte zu streiten oder auf meine Bürgerrechte zu beharren, zeigte ich ihm den Inhalt meiner Taschen. Es handelte sich lediglich um mein Portemonnaie, einen Einkaufszettel, meinen Haustürschlüssel und meinen Autoschlüssel.

Der junge Mann fuhr sich mit dem Finger zwischen Hals und Kragen entlang, räusperte sich und bat mich ihm zu folgen. Nun wurde ich doch ärgerlich und sagte:

„Ich habe es eilig!“ Als er mich am Ellbogen packen wollte, wich ich aus.

„Moment mal! Was wollen Sie von mir?“

Wieder räusperte sich der Bursche und sagte im Flüsterton: „Ich habe Sie beobachtet, geben Sie auf.“

Meine Augen weiteten sich vor Erstaunen. Der Kerl musste verrückt geworden sein. Detektivkoller oder so.

„Nun mal sachte, mein Junge! Ich gehe durch die Tür und wenn nichts Alarm schlägt, kann ich ja nicht gestohlen haben.“ Ich machte einen Schritt zwischen die Detektoren, die stumm blieben wie erwartet. Aber da hatte ich mich getäuscht. Streng schaute er mich an.

„Das beweißt gar nichts, Sie könnten ja den Magnetstreifen entfernt haben.“

Nun blieb mir die Spucke weg.

„Kommen Sie bitte mit“, sagte der Junge diesmal etwas forscher und griff wieder nach meinem Arm.

„Ich möchte den Geschäftsführer sprechen!“, sagte ich mit aller Autorität, die ich aufzubieten hatte. Der Kerl schüttelte nur stumm den Kopf und versuchte mich in Richtung einer weißen Tür zu drängen, die mir zuvor noch nie aufgefallen war. Ich schaute mich um. Ein paar Leute hasteten an mir vorbei durch den Ausgang. Einer raffte gerade seinen Einkauf zusammen und spurtete an uns vorbei. Ich konnte deutlich erkennen, dass ein vermutlich nicht bezahlter Spezialbohrer aus seiner Jackentasche ragte. Die Detektoren schlugen tatsächlich nicht an als er hindurchmarschierte. Eine Frau trug ganz offen eine unbezahlte Gartenschere durch die Kasse und an uns vorbei. Auch bei ihr blieben die Detektoren stumm. Soviel Dreitstigkeit konnte es doch nicht geben. Wahrscheinlich versteckte Kamera, schoß es mir durch den Kopf. Okay, hier wollte mich einer auf den Arm nehmen. Na, das konnte er haben.

„Wissen Sie was, damit Sie mir endlich glauben, kann ich mich ja ausziehen.“ Ich zog also meine Jacke aus, dann den Pullover, mein T-Shirt, die Stiefel.„Sehen Sie, alles okay.“ Ich drehte mich im Kreis herum. „Die Hose auch noch?“, fragte ich. „Oder wollen Sie noch in meine Körperöffnungen sehen? Vielleicht rufen Sie lieber gleich die Polizei und lassen mich ins Klinikum fahren zum Röntgen. Ich könnte ja etwas verschluckt haben.“ Ich lächelte absichtlich ein wenig irre.

„Nein, nein, schon gut, ziehen Sie sich wieder an“, stotterte der Bursche.

„Also wirklich, wenn Sie immer so einen Aufstand machen, klaue ich hier aber nichts mehr“, rief ich zum Abschied und ließ den jungen Mann stehen. Leider war es doch keine versteckte Kamera. Dabei hatte ich mir schon Hoffnungen gemacht, endlich auch mal ins Fernsehen zu kommen. August

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25. August - Engel
Engel weinen nicht. Und wenn sie weinen, dann kein Wasser sondern Blut. Aber das kommt sehr selten vor. Warum sollten Engel weinen?

Sollen sie weinen, wenn ein wunderschönes, liebes, nettes, verehrungswürdiges Menschenwesen stirbt? Nein. Denn dann erheben sie dieses Wesen zu sich und freuen sich.

Sollen sie weinen, wenn ein hässliches, böses, ungehobeltes, verachtenswertes Menschenwesen stirbt? Nein. Denn dann erheben sie dieses Wesen zu sich und heilen seine Bösartigkeit.

Sollen sie weinen, wenn eine wundervolle Seele geboren wird und das Erdenrund durchwandert? Nein. Denn sie wissen, dass die Seele irgendwann wieder mit ihnen singen wird.

Es gibt nur einen Grund, warum Engel weinen. Wenn eine unsterbliche Seele sich entscheidet für immer von allen und allem getrennt zu bleiben. Das kommt nur alle zehntausend Jahre einmal vor. Aber dann weinen die Engel heißes Blut. Es tropft auf ihre weißen Gewänder. Ihre Schmerzen sind unbeschreiblich grausam. Es dauert lange bis diese Zeichen der Trauer verblassen. August

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24. August - Nie mehr Teufel
„Hol dich der Teufel! Hol dich, verdammt nochmal, der Teufel!“ Hochrot im Gesicht brüllt er’s heraus. Die Ader an der Schläfe pulsiert, die Augen sind klein und schwarz.

Anstrengung. Solche Anstrengung diese Wut, diese Konzentration auf das „Hol dich der Teufel“. Aber der Teufel kommt nicht, holt mich auch nicht. Stehe ich also immer noch da. Keine Arme halten den anderen zurück. So voller Zorn, außer sich, über sich, ganz tief in sich und kann nicht heraus.

Gelassen betrachte ich, was ich da sehe. Wut, Zorn. Auch häufige Gäste in mir, kenne die beiden sehr gut. Dann springt das Teufelchen heraus und holt mich. Lässt mich Dinge sagen. Unaussprechlich wahre Dinge. So wahr, dass sie besser nie gesagt werden.

Aber der Teufel holt mich nicht. Diesmal nicht. Stehe da ganz ruhig und hebe keine Hand zum Schutz. Mache mich nicht bereit davonzulaufen. Flucht oder Schlacht, tief eingegraben in meinen tierischen Instinkten, sind außer Kraft gesetzt.

„Du willst mir nicht wehtun“, sage ich nur und das unfassbare geschieht. Die Fratze vor mir wird wieder ein Gesicht. Die Glieder fallen locker, ein Schritt zurück schafft Raum. Ich nehme den Kampf nicht mehr auf. Heißt das jetzt Leb wohl? August

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23. August - Wünsche
Wenn ich groß bin, möchte ich in die weite Welt reisen. Ich möchte auf dem Amazonas im Einbaum dahingleiten, die vielfältigen Geräusche des Urwaldes hören, die buntschillernden Papageien in den mächtigen Bäumen sitzen sehen, das bemalte Gesicht eines Einheimischen am Flussufer erspähen und dabei wohlig erschauern.

Ich möchte mit einer Rakete ins Weltall geschoßen werden, in einem weißen Raumanzug in der Schwärze des Alls schweben und auf die blaue Erde hinabsehen. Ich möchte uralte Höhlen durchwandern und die Zeichnungen an den Felswänden deuten. Ich möchte mit Aboriginies schweigen und eine Traumreise durch die Zeitalter machen. Ich möchte mit Virginia Woolf einen Tee trinken und mit Astrid Lindgren einen Schneemann bauen. Ich möchte mit dem Motorrad durch die Sahara fahren. Ich möchte im Himalaja buddhistische Klöster besuchen und die grüne Tara treffen. Ich möchte in New York vom Empire State Building spucken und in Paris Metro fahren.

Ich möchte alle Menschen fragen:

Wünschst du dir ein besseres Leben?

Was bedeutet das für dich konkret?

Was kannst du selbst beitragen?

Warum fängst du nicht sofort damit an? August

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22. August - Immer der Gärtner
Der Gärtner war es, er hat die Zierkirsche ermordet. So eine Gemeinheit, traurig schauen die nackten Äste aus. Die Spitzen völlig vertrocknet. Da ist wohl nichts mehr zu retten.

Nina scharrt durch die Blätter und Blüten, die sich alle in der letzten Nacht in einem Sturzbach vom Baum getrennt haben. So schöne zartrosa Blüten und kleine spitze Blätter liegen zusammengerollt. Warum nur? Nina legt die Hand an den Baumstamm und spürt nichts. Sie hat keinen Spürsinn für die Sprache der Pflanzen, die Rinde fühlt sich an wie immer.

Nur ihr Gärtner sprach immer davon, dass er eine spirituelle Bindung zu den Pflanzen aufnehme und dadurch jederzeit über deren Bedürfnisse Bescheid wisse. So spüre er, wann er den Rasen mähen musste. Meistens wollte der Rasen ziemlich hoch wachsen, dieses Bedürfnis spürte der Gärtner unzweifelhaft, wenn er mit der Hand leicht über die Halme strich. Ninas Nachbarn wunderten sich immer, warum ihre Hecke niemals ordentlich gestutzt, ihr Rasen nicht getrimmt und auch ihr Unkraut nicht anständig gejätet war, seit sie einen Gärtner beschäftigte.

Aber der hatte eben eine besondere Meinung zu Unkraut. Er lehnte überhaupt diese Aufteilung in Nützlinge und Schädlinge ab. Und Unkraut war lediglich ein zu verbannendes Wort, nicht etwa Pflanzen, die auszureißen für die Schönheit oder Überlebensfähigkeit der übrigen Gartenpflanzen wichtig war.

Wichtig für die Zierkirsche wäre es gewesen den Wühlmäusen Einhalt zu gebieten, dann sähe sie nun nicht ihrem Ende entgegen. Nina schwor sich dieses Mal den Gärtner zu entlassen. Das hatte sie sich bereits vorgenommen, nachdem er ihre Lieblingsrosen ruiniert hatte. Die Sorte habe leider so eine selbstmörderische Ader, hatte er damals gesagt. Ha, Rosen und suizidgefährdet. Wer glaubte denn sowas? Nina hatte es selbstverständlich nicht geglaubt, dafür hatte der Gärtner aber den alten Ringlobaum dazu gebracht wieder Früchte zu tragen. Dabei hatte sie den schon fällen wollen. Dieser unerwartete Segen hatte Nina erst einmal wieder versöhnt mit ihrem Gärtner. Aber jetzt war die Zierkirsche dran. Also wirklich diesmal würde sie ganz bestimmt ein Machtwort sprechen. Ganz, ganz sicher. August

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