Samstag, 11. Oktober 2008
11. Oktober - Unterwasserblues
Tief unter Wasser, im See, da ist es fast dunkel. Auf jeden Fall immer dämmrig und die kleinen Molche und Olme, die Libellenlarven und kleinen Fische mögen das grünlich schimmernde, fahle Licht dort am Boden am liebsten. Manchmal wühlen sie mit einer schnellen Bewegung etwas Schlick auf und der wölkt sich dann vom Boden in einer großen Glockenform nach oben.

Nur der alte Einsiedlerkrebs, der in einer alten Champignon-Dose I. Wahl lebt, ist schrecklich unglücklich. Er hat den Unterwasserblues. Das grünliche Licht schmerzt in seinen Augen. Ihm fehlt das Leben und die Buntheit der früheren Jahre. Zumindest bildet er sich ein, dass es mal bunt und lebendig war, hier in dem kleinen See. Aber vielleicht liegt es ja auch nur an ihm, dass er die Buntheit und die Lebendigkeit gar nicht mehr sehen kann, weil sie für ihn zu etwas Alltäglichem verkommen ist.

Und wenn die kleinen Fische und die Libellenlarven, die Molche und Olme ganz ehrlich sind, gibt es nur eines, was sie noch schöner finden als das dämmrige Licht und die schnellen Bewegungen, die den Schlick aufsteigen lassen. Nämlich den traurigen Gesang des Einsiedlerkrebses. Dann tanzen die Fische, da springen die Larven und die Molche und Olme wiegen sich im langsamen Takt der unglücklichen Lieder, die der Einsiedlerkrebs mit dem Klacken seiner Scheren begleitet. Sie alle sind sehr froh über die triste Weltsicht und die pessimistische Traurigkeit, die sich des Krebses bemächtig haben. Denn ohne sie wäre ihre Heimat, der Grund des Sees, nur halb so schön und ihr Leben nur halb so vergnüglich. Und trotz seiner Traurigkeit könnte der Krebs immerhin lernen, dass er auch ohne selbst Freude zu empfinden anderen Glück spenden kann. Oktober

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Freitag, 10. Oktober 2008
10. Oktober - Krise
"Es muss sich um einen Irrtum handeln. Ganz bestimmt!" Auf der Suche nach Zustimmung schaute Susanne zu Irene, aber die senkte den Blick und drehte den Kopf leicht zur Seite. Auch Herbert wich ihrem Blick aus. Franz hatte sich bereits abgewandt. Susannes Hände fielen auf den Tisch, ihre Schultern sanken herab. Der Ober reichte ihr die Kreditkarte zurück. Da Susanne sich nicht rührte, legte er sie neben ihre zerknüllte Serviette.

"Wer von den Herrschaften zahlt nun?" Die Nervosität war ihm anzusehen. Sein Adamsapfel hüpfte im Hals auf und ab, während er die Tischgesellschaft erwartungsvoll ansah. Schließlich zückte Herbert mit einem leisen Seufzer sein Portemonnaie und legte ein paar große Scheine in die gefaltete Rechnung.

"Der Rest ist für Sie!" Mit einer kleinen Verbeugung und einem verkniffenen Lächeln, das noch nicht einmal bis zu seinen Mundwinkeln reichte, machte der Ober kehrt, die Hand fest um die Beute gelegt. Susanne blickte auf und sah in die Runde. Sie öffnete den Mund und schloß ihn wieder.

Irene entschloss sich den peinlichen Moment mit einer Bemerkung über das Golfturnier am kommenden Wochenende zu überspielen. Und Franz ließ sich dazu herab die Chancen von Herbert zu loben. Dann wanderte die Unterhaltung zum Thema Benefiz-Gala im November. Susanne versuchte ein, zwei Mal eine kleine Bemerkung einzuwerfen. Aber die drei anderen schlugen sich die Sätze zu wie Pingpongbälle und ignorierten völlig ihre Anwesenheit.

Da straffte sie die Schultern und lächelte ebenso unecht wie vorher der Ober. Sie stand auf und ging ohne Abschied davon. Hinter ihrem Rücken hörte sie noch das charakteristische Tuscheln aufbranden. Sie verstand auch ohne zu hören, was sie sagten. Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln. Susanne musste heftig zwinkern, um sie zu bezwingen.

Die Kühle der Nacht umfing sie als sie endlich das Restaurant verließ. Ihre Handtasche baumelte herab. Die hohen Schuhe waren unbequem. Sie war ohne Auto, Herbert hatte sie heute Nachmittag abgeholt. Und nun ließ ihr Stolz nicht zu, sich drinnen ein Taxi rufen zu lassen. Also lief sie. Nach einer Weile zog sie die Stöckelschuhe aus und ging barfuß. Vielleicht wurde es Zeit sich daran zu gewöhnen. Oktober

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Freitag, 10. Oktober 2008
9. Oktober - Hase und Jäger
Es war einmal ein Hase, der hatte derartig die Nase voll von dem täglichen Hasengeschäft: Mümmeln, Kohl fressen, vorm Jäger weglaufen und dem Fuchs Gute Nacht sagen, dass er beschloss nun einmal alles anders zu machen.

Also ließ er den Fuchs links liegen. Sollte dem doch wer weiß wer schöne Heia wünschen. Stattdessen sagte der Hase den Schnecken Gute Nacht und den kleinen Stallkatzen, die in der Dämmerung im Dornbusch am Feldrand übereinander kugelten. Dann hoppelte der Hase zum Waldrand und dort die Leiter zum Hochstand hinauf und wartete auf den Jäger.

Solange er wartete, freute er sich wie schön die Sterne am Himmel funkeln. Er hörte den Jäger schon von weitem. Der Hase blieb ganz ruhig, nur seine Nase zuckte schneller als sonst. Er hasste diesen Kerl. Er fürchtete ihn, aber noch mehr hasste er ihn. Am liebsten hätte er ihm das angetan, was er so vielen seiner Freunde und Verwandten angetan hatte. Erschießen, abknallen, hinmeucheln! Gemein und feige aus dem Hinterhalt!

Nur dazu fehlte ihm das Werkzeug. Vielleicht war der Hase aber tief in seinem Herzen doch zu friedfertig, zu ängstlich, zu nachgiebig. Wild zuckte seine Nase, als er den Jäger auf die unterste Stufe der Leiter treten hörte. Ein paar Wolken zogen weiter und ließen einen silbrigen Streifen Mondlicht in das Innere des Hochsitzes fallen. Und alles warf lange, unheimliche Schatten. So erblickte der Jäger völlig unerwartet einen großen, ins unendlich verlängerten Hasen, der ihn unerklärlicher und überraschender Weise auf seinem Hochstand erwartete. Die Zähne des Hasen glitzerten im Mondlicht wie gefährliche Diamantwerkzeuge.

Da erschrak sich der Jäger und fiel rücklings die Leiter hinab auf den Boden. Keuchend lag er dort, voller Panik den Blick nach oben gerichtet. Jeden Moment erwartete er den schrecklichen Hasen mit seinen scharfen und mächtigen Hauern am Hals zu spüren. Nichts geschah. Nur die gähnende, magische, undurchdringliche Dunkelheit starrte ihn von dort oben an. Da, etwas blitzte auf. Der Jäger rappelte sich auf und rannte Haken schlagend aus dem Wald.

Zufrieden schaute ihm der Hase nach. Das war doch wirklich mal etwas ganz anderes als das übliche Hasengeschäft gewesen. Nur das Mümmeln wollte der Hase noch nicht so recht sein lassen. Oktober

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Mittwoch, 8. Oktober 2008
8. Oktober - Danach
Danach wird alles anders. Selbstverständlich besser. Natürlich besser! Jetzt reißen wir uns alle mal zusammen und kraxeln die letzten paar hundert Meter auf den Gipfel.

Und danach wird alles besser. Runter geht's ja fast von alleine. Ist doch kein Problem. Das sich verschlechternde Wetter? Ach, nur nicht bange machen lassen von so ein bisschen Nebel, Schnee und Fallwinden. Jetzt sind wir einmal hier, da werden wir doch nicht klein beigeben. Ist doch auch nur ein Berg. Ein Felsbrocken in der Landschaft. Nichts besonderes, danach gibt es auch eine Belohnung. Versprochen.

Okay, ja, ich weiß, das letzte Mal habe ich das auch gesagt und dann gab es nichts. Nun ja, da konnte ich nicht ahnen, dass hinter dem Gipfel noch ein Berg auf uns lauerte. Ein noch höherer Berg, ja das stimmt. Aber wer Herausforderungen liebt, der wird doch jetzt nicht aufgeben. Am Ende stehen wir wie die Idioten da, die nach 99 von 100 zu überspringenden Mauern lieber umdrehen, weil sie alles viel zu anstrengend finden.

Mit anderen Worten: Der Weg zurück ist ja noch dusseliger, haarsträubender, länger und außerdem keine Option. Kapiert. Weicheier. Jetzt mal weiter. Danach, das sage ich doch, hört mir doch zu, danach, danach wird alles besser. Oktober

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7. Oktober - Das Auge des Sturms
ICH ist im Auge des Sturms.
ICH bin im Auge des Sturms.
ICH bin das Auge des Sturms.

Ohne den Sturm des Lebens, der Gefühle, des Dramas, der Herausforderungen wäre ICH nicht.
Ohne die in den Sturm stürzenden und vom Sturm mitgerissenen Elemente, ohne die herausgeschleuderten Partikel, ohne den Austausch wäre ICH nicht.
Ohne das Heulen und Lärmen, ohne die Kraft und Energie wäre ICH nicht.

Wenn die Hand sinkt, das Neuronenfeuer erstirbt, das Auge bricht legt sich der Sturm und ICH ist nicht mehr. Nicht messbar, nicht nachweisbar. ICH ist das Auge des Sturms. Die Ruhe in der Zerstörung, die Stille im unermesslichen Klang des Seins. Oktober

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Montag, 6. Oktober 2008
6. Oktober - Langer Nachmittag
Nebel hängt über der Landschaft, kriecht am Horizont entlang, wallt kalt und feucht immer näher.

Dieses graukalte, feuchte Wetter versetzt mich zurück in meine Kindheit. Lange öde Nachmittage voller Langeweile breiten sich in mir aus. Verzweifelte sich in endlose Länge dehnende Sekunden, Minuten, Stunden. Warten. Warten auf was? Die Zeit verrinnt völlig sinnlos, wälzt sich auf ein Ereignis zu, das genauso unspektakulär ist wie dieser feuchtkalte Nachmittag allein im Zimmer. Der nicht schneller vergeht, weil ich aus dem Fenster starre.

"Mal doch was!"

"Beschäftige dich doch irgendwie".

"Hast du keine Hausaufgaben?"

Manchmal sind alle Hausaufgaben gemacht, alle Bücher aus der Bibliothek ausgelesen, alle Bilder gemalt. Und dann diese Leere, diese lange Weile. Lang, lang, länger.

Fast hatte ich dieses quälende Gefühl vergessen. Heute erwachsen, busy, stets geschäftig, immer in Bewegung, allzeit bereit unterhalten zu werden oder zu unterhalten, keine Zeit, sowieso immer auf dem Sprung, voll im Stress, unabkömmlich und so wichtig, kommt heute kaum noch Langeweile auf.

Schade. Diese süße Qual! Vorbote einer Entladung, einer Explosion, einer Eingebung. Die Ruhe vor dem Sturm. Eine lange Weile, die sich ausbreiten und dehnen und mich leiden lassen darf. Oktober

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Montag, 6. Oktober 2008
5. Oktober - Das Bier ist aus
„Oh, endlich Feierabend.“ Sabine drückt mit beiden Händen ihr Kreuz durch. Alle Knochen tun ihr weh. Nach der Schufterei im Garten hat sie sich ein schönes Bierchen verdient.

Aber im Kühlschrank steht keins mehr. Der Kasten in der Speisekammer enthält nur leere Flaschen.

„Herbert!“, brüllt Sabine durchs Treppenhaus. Und noch lauter „Herbert!“

Keine Reaktion. Also schleppt sie sich die Stufen hoch unters Dach, in Herberts Reich. Dort stehen sein Schreibtisch mit Computer, seine H0-Eisenbahnanlage und sein großer Plasma-Fernseher mit Surround-Anlage und Spielkonsole. Er spielt gerade so ein beklopptes Spiel, bei dem er ständig Autos klauen und Leute liquidieren muss. Sabine seufzt. Herbert hört sie nicht, obwohl sie nur einen knappen Meter hinter ihm steht.

„Herbert!“, brüllt sie schließlich in voller Lautstärke. Herbert dreht seinen Kopf nur ein paar Grad in ihre Richtung. Wirft ihr einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel zu.

„Was?“, fragt er. Sein Blick springt zurück auf den Fernseher und seine Hände bedienen weiter den Controller.

„Das Bier ist alle.“

Keine Reaktion.

„Wir hatten doch ausgemacht: Wer das letzte nimmt, schreibt dann Bier auf die Einkaufsliste.“

"Hab’ ich doch.“

„Hast du nicht, sonst hätte ich ja welches mitgebracht.“

„Vielleicht hast du’s vergessen.“ Die Polizei verfolgt Herberts Spielcharakter mit lautem Sirenengeheul. Sein Auto hat schon mehrere Beulen und bringt nicht mehr volle Geschwindigkeit.

„Verdammt! Das kommt davon, wenn du mich ablenkst.“

„Meine Güte, es gibt ja wohl ne Pausetaste. Kannst mir auch mal zuhören, wenn ich mit dir rede.“

„Es ist kein Bier mehr da. Und?“

„Du hättest es auf die Liste schreiben müssen!“

„Hab ich!“

„Hast du nicht!“ Herbert ist es gelungen die Bullen abzuhängen, jetzt klaut er sich einen schnelleren Wagen.

„Musst du dauernd dieses bekloppte Spiel spielen?“

„Das ist geil!“

„Leute umnieten und Autos klauen. Toll. Da träumst du von, wenn du im Finanzamt Strafgebühren verhängst.“

„Ha, hab ich dich!“ Herbert stoppt ein vorausfahrendes Fahrzeug, indem er ihm mit seinem flotten Schlitten den Weg abschneidet. Den Fahrer knallt er kaltlächelnd ab. Sabine nimmt die Fernbedienung und schaltet den Fernseher aus.

„Menno!“

„Du fährst jetzt mit deinem Passat zur Tankstelle und kaufst mir Bier. Komm aber nicht auf die Idee den Tankwart abzuknallen.“

Herbert öffnet den Mund, schließt ihn dann aber wieder als ihm Sabines Gartenkluft auffällt. Er senkt den Blick und geht an ihr vorbei zur Treppe.

„Brauchst du sonst noch was, Schatz?“

Sabine schüttelt den Kopf. Oktober

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Samstag, 4. Oktober 2008
4. Oktober - Rosen
Rosen weiß und rot, die Dornen noch nicht weggezüchtet, stehen da in meiner Vase. Ich glaubte, ich holte mir Freude in mein Zimmer. Stolze Blumen, die mich erfreuen: rot und weiß. Aber nun sehe ich nur euer Welken und Vergehen. Ihr Rosen, geboren, um in Schönheit dazinzugehen. Oktober

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3. Oktober - Königliche Hoffliegenfänger
Es war ein mal vor langer Zeit ein königlicher Oberhoffliegenfänger, der hatte eine sehr, sehr wichtige Aufgabe. Er musste alle Fliegen, die sich in den königlichen Palast gewagt hatten, fangen und wieder nach draußen setzen. Der König wollte auf keinen Fall, dass einer Fliege Leids geschah. Er hasste es nur, wenn Fliegen über seine Kleidung, seine Haut oder wohlmöglich über seine Nahrung liefen. Aber am allermeisten verabscheute der König das fiese Summen und gemeine Brummen der Fliegen. Aus diesem Grunde beschäftige er nicht nur einen Oberhoffliegenfänger sondern auch noch einen Unterhoffliegenfänger, zahlreiche Fliegenfängergehilfen und einen Fliegenfängerlehrling namens Maximilian. Der Oberhoffliegenfänger war für die Planung zuständig, er war der Kopf, der Ingenier, der findige Geist. Nur gingen ihm langsam aber sicher die Ideen aus. Längst hatte er die königliche Residenz mit Fliegengittern an Fenstern und Türen ausstatten lassen. In den großen Eingangsbereichen gab es Schleusen, um das Eindringen der Fliegen zu verhindern. Und überall im Haus gab es Lebend-Fliegenfallen, um die Fliegen zu fangen, denen es dennoch gelungen war ins Schloß zu fliegen. Die Küche und das Schlafzimmer des Königs waren dreifach gesichert. Aber der menschliche Faktor war ein nicht abzustellendes Übel. Immer wieder vergaß einer der Diener alle Vorsicht, ließ aus Bequemlichkeit beide Türen einer Schleuse geöffnet und schon sausten die kleinen Insekten hinein.

Da hatte der Lehrling Maximilian eine Idee. Wenn es doch einfach derart unmöglich sei, Fliegen vom Palast fernzuhalten, dann müsse der König einen Weg finden, sich mit den Fliegen zu versöhnen, sich an sie zu gewöhnen. Als das der Oberhoffliegenfänger hörte, gefiel ihm das überhaupt gar nicht. Wie sollte er sein Salär sichern, wenn der König keine Fliegenfänger mehr brauchte. Der Unterhofflliegenfänger und alle Fliegenfängergehilfen sahen das ähnlich und ergriffen Gegenmaßnahmen. Mit anderen Worten: Sie verprügelten den armen Maximilian nach Strich und Faden, damit er ja schweige. Aber als der König Maximilians blaue Flecke und seine zerschlagene Nase sah und sich daraufhin erkundigte, was dem armen Jungen widerfahren sei, erzählte ihm der Fliegenfängerlehrling von seiner Idee und wie wenig sie den anderen Fliegenfängern geschmeckt habe. Da schwieg der König verblüfft. Dann dachte er eine lange Weile nach, schließlich breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht. Fortan schloß er Freundschaft mit den Fliegen, mit den dicken Brummern, den gemeinen Summern und den lautlos tanzenden Fruchtfliegen. Er ließ alle Fliegengitter und die Schleusen entfernen. Und er entließ den Oberhofflliegenfänger, den Unterhoffliegenfänger und alle Fliegenfängergehilfen.

Nur Maximilian behielt er bei sich als seinen Berater. Seit dieser Zeit gibt es keine königlichen Fliegenfänger mehr. Es ist also nicht sehr verwunderlich, wenn du noch nie von diesem Beruf gehört hast. Oktober

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2. Oktober - Der Regenwurm
Es war einmal ein Regenwurm, der hatte ein regelmäßiges, manche würden sagen, eintöniges Leben.

Er fraß sich tagein, tagaus durch die Dunkelheit in der Erde. Nur wenn es stark regnete, so sehr, dass seine wunderbare Erdeinsamkeit abzusaufen drohte, kam er hervorgekrochen und versuchte so gut er konnte dem unerfreulichen Naß zu entgehen. Viele seiner Artgenossen kamen bei Regenwetter an die Erdoberfläche und soffen dann in großen Pfützen ab. Manche wurden totgetrampelt, überfahren oder vom Vogel gepickt. Bisher hatte der Regenwurm alle Unbill überstanden und wurde immer dicker und länger und fraß und fraß sich durch die Unterwelt.

Dann eines Tages wurde er unsanft von einem Spaten in zwei Teile geschnitten und aus seinem Erdparadies herausgehebelt. Die Hälften des Wurms kringelten sich und wanden sich. Die eine immer noch tief in der Erde, die andere im Erdbrocken auf dem Spaten. "Was ein dicker Wurm", rief der Ausgräber und kippte den Erdaushub auf einen Haufen. "Gute Erde hier". Das dachten sich die beiden Hälften des Regenwurms auch und bemühten sich so schnell wie möglich wieder in ihr zu verschwinden. Jede in entgegengesetzte Richtungen und für immer getrennt. Aber immerhin noch am Leben. Oktober

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