Dienstag, 3. Juni 2008
4. Juni - Nie passiert etwas
Doris sitzt am offenen Fenster und beobachtet. Meyers schwarze Katze läuft über Boltes Hofeinfahrt, schnüffelt an ein paar Grasbüscheln, die zwischen den Steinen hervorsprießen, und geht dann den langen Weg am Haus entlang Richtung Garten. Jede Katze der Nachbarschaft hat Doris dort schon entlanglaufen sehen. Was sie eigentlich in Boltes Garten zu suchen haben, ist ihr immer noch ein Rätsel. Dann kommt der Peppi mit seinem Einkaufstrolley die Straße hinaufgeschnauft. Er hält an jedem Briefkasten und steckt das Blättchen hinein. Ein blaues Auto fährt vorbei, das Doris nicht kennt. Ein rotes Auto kommt vorgefahren, hält bei Trägers schräg gegenüber. Ein Mann im dunklen Anzug steigt aus, geht zur Haustür und schellt. Natürlich macht keiner auf. Trägers sind beide arbeiten. Der Mann klingelt noch einmal, schaut auf seine Schuhspitzen, zieht die Krawatte gerade. Schließlich schreibt er etwas auf ein Kärtchen, das er aus der Innentasche fischt, klemmt es an die Tür und fährt wieder davon. Es ist ruhig, so ruhig, dass sich eine Rabenkrähe in Sicherheit wiegt und aufgeregt an dem gelben Sack neben Meyers Mülltonnen zerrt. Eifrig stochert sie mit ihrem Schnabel. Der Sack ist schon halb aufgerissen, die leeren Verpackungen quillen hervor. Dann schlittert eine Dose laut scheppernd zu Boden. Erschrocken flattert die Krähe davon. Etwas später kommt der Postbote. Doris sieht ihn schon von weitem die Straße heraufkommen mit seinem gelben Minitransporter. Alle zehn Meter hält er an und verteilt die Post an die zwei oder drei naheliegenden Häuser. Es dauert fast eine Viertelstunde bis er endlich auf der Höhe von Doris angekommen ist. Für Trägers gibt es nur Briefe, für Meyers ein Paket, für Boltes eine Zahlungsaufforderung. Für Doris hat der Postbote nichts, noch nicht einmal Reklame. Der Schmidt aus dem Hegelweg fährt in seinem alten VW vorbei. Gerade als Doris aufstehen will, um Mittag zu kochen, kommt Frau Träger nach Hause. Als sie vollbepackt die Haustür aufschließt, flattert das kleine Kärtchen von ihr ungesehen zu Boden. Doris will der Träger schon zurufen. Aber dann sagt sie sich: „Lieber nicht, die denkt sonst noch, ich hänge den ganzen Tag nur am Fenster herum.“ Juni

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