Dienstag, 11. November 2008
11. November - Das fünfblättrige Kleeblatt
Habt Ihr schon einmal ein fünfblättriges Kleeblatt gefunden? Nun ja, ich schon. Vor einer Woche erst habe ich mein erstes vierblättriges entdeckt und ausgerupft. Natürlich zu Hause dann gleich ein Beweisfoto geschossen.

Als ich das dann meinen Freundinnen zeigte, hat mich eine meiner lieben Freundinnen doch tatsächlich verunsichert. Sie fragte mich, ob vielleicht auf dem Feld alle Kleeblätter vierblättrig gewesen wären. Da ich ja bisher noch niemals ein vierblättriges Kleeblatt gefunden hatte und dort praktisch auf den ersten Blick gleich eines entdeckt hatte, kam mir der Gedanke überhaupt nicht abwegig vor. Und glaubt mir, ich habe ihn meiner Kindheit und Jugend verzweifelt nach den seltenen Kleeblättern Ausschau gehalten. Also konnte es doch gut sein, dass irgendein ähnlich verzweifelter nun vierblättrige Kleeblätter züchtet.

Heute bin ich noch einmal auf meinem Spaziergang an dem kleinen Kleefeld vorbeigekommen. Und nein, es handelt sich wirklich um meistenteils völlig herkömmlichen Klee mit drei Blättern. Bis auf ein Kleeblatt, das war fünfblättrig. Ich habe es mitgenommen. Und natürlich gleich ein Beweisfoto geschossen.

Jetzt frage ich mich nur, was hat denn nun ein fünfblättriges Kleeblatt zu bedeuten? Noch mehr Glück? Der verwendete Dünger sollte mal von einer staatlichen Stelle auf genverändernde Substanzen untersucht werden? Oder ganz etwas anderes? Kennt sich jemand damit aus?

Jedenfalls habe ich erst einmal beschlossen, das Kleeblatt als ein Zeichen dafür zu sehen, dass ich bereits im reinsten Glückszustand lebe. Worüber kann ich mich beschweren - außer so den üblichen Kram, der bei genauer Betrachtung gar nicht so wichtig ist. Dem seltenen Kleeblatt habe ich erst einmal Wasser gegeben, es steht in einer Vase auf meinem Schreibtisch. Es leidet sicherlich schon genug darunter, dass ich es einfach so ausgerupft habe. Ihm hat seine Besonderheit jedenfalls kein Glück gebracht. November

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Montag, 10. November 2008
10. November - Der Sturmteufel
Es war einmal ein Sturmteufel, der hasste seinen Beruf. Immer sollte er den Wind anstacheln nur ja ordentlich heftig zu wehen, die Gräser zu peitschen, die Bäume zu krümmen und die Häuser zum Wackeln zu bringen.

Dann blähte sich der Wind und wütete und stürmte. Dachziegel fielen herunter und zersprangen in tausend Stücke. Äste krachten auf die Straße und trafen manchmal sogar ein Auto oder einen Menschen. Und die Blätter flogen besonders in der Zeit der Herbststürme wehr- und hilflos durch die Lüfte davon, sammelten sich in den Ecken, wo sie raschelnd liegenblieben.

Der Sturmteufel aber hatte das gründlich satt. Stets musste er seine Zeit im Sturm verbringen, den er ständig herbeizureden, zu flüstern, anzustacheln hatte. Dabei sehnte er sich so sehr nach den linden Lüftchen des Frühlings. Nach den warmen Sommerwinden, die sanft über die Felder strichen und die Bäume zum Singen brachten. Ach und er sehnte sich noch mehr nach Ruhe, nach Stille. Denn die fand er niemals. Immer umgab ihn das Tosen des Sturms.

Da beschloss er seinen Job hinzuschmeißen. Sturmteufel hatten auch ein Recht auf freie Berufswahl und auf eine eigene Meinung sowieso. Wer wollte ihn zwingen seiner Bestimmung nachzukommen. Wenn das überhaupt seine Bestimmung war. Nur weil er als Sturmteufel geboren war, hieß das doch noch lange nicht, dass er in seinem tiefsten Herzen nicht doch ein Lüftchenflüsterer war oder ein Wasserkräusler oder ein Blumenleuchter. Ja, solche Geister gibt es nämlich alle.

Als der Sturmteufel nun seinen Posten verließ, hörte der Sturm urplötzlich auf. Die Wolken lösten sich und die Sonne lugte hervor. Ein paar Tiere wagten sich vorsichtig hervor und blickten sich staunend um. Sie raunten sich zu: „Der Sturmteufel ist fort.“ Viele freuten sich und lachten, aber die Eule und der Iltis wiegten bedächtig die Köpfe. Sie hatten Erfahrung. Sowas ging doch niemals gut aus.

Der Sturmteufel aber tauschte seinen Aufgabenbereich mit einem Wasserkräusler, der diesen bedächtigen und nach Genauigkeit verlangenden Beruf ebenfalls gründlich satt hatte. So fand letztendlich doch alles wieder seine Ordnung und der Iltis und die Eule konnten aufhören mit dem Kopf zu schütteln. November

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Sonntag, 9. November 2008
9. November - Fast wie im Leben
Bist du sicher, dass du über die Administratorrechte für dein Leben verfügst? Oder hat die jemand anders? Vielleicht Gott oder die kosmische Kraft oder wohlmöglich ein anderer Mensch? Was bleibt dir dann übrig als die neue Software nicht zu installieren und irgendwie mit dem klar zu kommen, was du bereits auf deiner Festplatte laufen hast.

Aber vielleicht ist es ja auch so, dass du tatsächlich und wirklich komplette Rechte über dein Leben besitzt und es allein an dir liegt zu entscheiden, ob du dein WLAN offen oder gesichert betreibst, ob du einfach alles mögliche runterlädst und installierst, ob du andere einlädst mit dir in deinem Netzwerk zu spinnen oder doch lieber autonom gänzlich ohne Anbindung an die Datenautobahnen dein Dasein genießt und aus dir selbst schöpft.

Aber auch mit vollen Administratorrechten unterliegst du Einschränkungen, die dir die Hardware auferlegt. Und wenn du die Gebrauchsanweisung nicht gelesen hast, kann es zu üblen Zwischenfällen kommen. Überhaupt sind die meisten Probleme im Leben wie auch am Computer auf Anwenderfehler zurückzuführen. Nicht alle sind zu reparieren. Trotzdem wird dir oft genug nichts anderes übrig bleiben als einfach mit OK zu bestätigen, obwohl du rein gar nichts verstanden hast, worum es überhaupt gerade geht. Weil die Alternative nur die völlige Blockade wäre.

Eben fast wie im richtigen Leben, aber nur fast. November

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8. November - Dreiheit
Ich bin Körper. Mein Schweiß dringt aus jeder Pore. Mein Blut pulsiert. Wenn ihr mich lasst, dann funktioniere ich wie ein Uhrwerk. Nur bin ich viel wundersamer als das. Ein Wunder der Natur. Ein Wunder an Kollaboration. Jede Zelle in mir arbeitet mit den anderen auf erstaunlichste Weise zusammen. Ich überlebe in Kälte und Hitze. Ich ertrage Schmerz und Leid. Ich springe in die Luft aus höchster Freude. Ich schütze euch immer und ewig, solange ich lebe. Ich bekomme Beulen von eurer Unachtsamkeit. Ich bringe euch den großen Genuss von Lust und den großen Verdruss mit der Lust auch. Ich bin ein Abbild der Seele und die Verschmelzung zweier fremder DNA-Stränge zu einem. Mein Bauplan steckt in jeder meiner lebendigen Zellen und ich bin einzigartig, wandlungsfähig, eigensinnig. Ich bin Körper.

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Ich bin Geist. Mein Sitz ist in den Aussenregionen, den Spitzen, den Höhen. Mein Werkzeug ist das Wort, meine liebste Tugend die Ordnung. Am liebsten habe ich alles hübsch kategorisiert, erklärt, abgeheftet. Ich mag keine Überraschungen. Manchmal schwebe ich in hohen Spähren. Ich versuche zu verstehen, ich versuche logische Schlüsse zu ziehen aus den Informationen, die ich hereinbekomme. Manchmal ist das schwierig für mich. Die ordentlich abgelegten Anweisungen stimmen nicht immer mit dem aktuellen Input überein. Was verwerfe ich dann? Die neue Erfahrung oder die überlieferte Tradition? Das Ist oder das Soll? Dürfen Widersprüche unaufgelöst nebeneinander existieren? Ich bin bemüht gut dazustehen. Meine Ordnung muss stimmen. Ich kann mir keine Fehler erlauben. Ich bin Geist. Ich bin Logos.

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Ich bin Seele. Unwandelbare Wandlung. Meinen Sitz habe ich tief in den Wurzeln von Körper und Geist: im Unterleib, im Bauch, im Herzen, im Kopf. Ich wundere mich über nichts und staune ständig. Manchmal trauere ich. So lange bin ich hier und der Schmerz bleibt immerdar. Tränen fließen. Manchmal freue ich mich. So lange bin ich hier und der Quell der Freude versiegt nie. Lachen perlt aus mir. Es sind die kleinen Zeichen mit denen ich zu euch spreche, lieber Körper, lieber Geist. Ihr beide wärt ohne mich vielleicht ganz zufrieden aber doch nicht komplett. Ihr braucht mich um den ewigen Streit zu schlichten. Ihr braucht mich um heil zu werden. Ich bin Seele. November

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