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Freitag, 17. Oktober 2008
15. Oktober - Werd gesund
365und1tag, 01:35h
"Gib nicht auf, kleiner Tiger, gib nicht auf". Wie ein Mantra wiederholte Judith diesen Satz, während sie den kranken Kater streichelte.
Wenn sie ihm nur ihre Kraft übertragen könnte, damit ihm das Atmen leichter fiele und sein Fieber sänke. Die Tierärztin hatte Judith keine Hoffnung gemacht. Sie wollte das Tier am liebsten Einschläfern. Judith hatte gezögert. Einerseits wollte sie ihren Kater nicht sinnlos leiden lassen, aber andererseits konnte sie ihn auch nicht einfach so gehen lassen.
Da hatte ihr der Kater plötzlich mit einem Auge zugeblinzelt. Und da sagte Judith: "Nein!" Und so lag sie jetzt neben dem Kater auf dem Teppich. Ganz nah an der Heizung, halb darunter, schräg hinter das Sofa hatte sich der Kater gekauert und war bis auf seinen schweren, rasselnden Atem ganz still. Da überlegte Judith, dass sie vielleicht ihre Botschaft überdenken sollte. Nicht aufgeben war ja streng genommen keine wirkliche Option. Nicht aufgeben hieß nur weiterhin kämpfen, weiter zwischen Leben und Tod hängen.
"Werd gesund, kleiner Tiger, werd gesund. Spring wieder über die Felder. Jage den Mäusen hinterher. Sitze stundenlang geduldig vorm Mauseloch. Räkel dich faul in der Sonne. Fauch den Nachbarshund an. Klettere auf den Baum und jammere kläglich, weil du nicht mehr herunterkommst. Dabei habe ich dich heimlich beobachtet. Wenn keiner guckt, kommst du auch allein den Baum herunter. Werd gesund, kleiner Tiger, werd gesund."
Lange Zeit lag Judith neben dem Kater auf dem Boden und erzählte ihm Geschichten vom schönen Katerleben. Plötzlich hörte das Rasseln auf. Dann holte der Kater dreimal keuchend Luft und nieste so heftig, dass grüngelber Nasenschleim nur so herausflog. Zum Glück an Judith vorbei. Dann schaute der Kater Judith an und begann zu schnurren. Eine halbe Stunde später stand er mit steifen Beinen auf, streckte sich und schlich klapperdürr und zottelig, leicht schwankend in die Küche, um etwas zu fressen. Endlich bereit gesund zu sein. Oktober
Wenn sie ihm nur ihre Kraft übertragen könnte, damit ihm das Atmen leichter fiele und sein Fieber sänke. Die Tierärztin hatte Judith keine Hoffnung gemacht. Sie wollte das Tier am liebsten Einschläfern. Judith hatte gezögert. Einerseits wollte sie ihren Kater nicht sinnlos leiden lassen, aber andererseits konnte sie ihn auch nicht einfach so gehen lassen.
Da hatte ihr der Kater plötzlich mit einem Auge zugeblinzelt. Und da sagte Judith: "Nein!" Und so lag sie jetzt neben dem Kater auf dem Teppich. Ganz nah an der Heizung, halb darunter, schräg hinter das Sofa hatte sich der Kater gekauert und war bis auf seinen schweren, rasselnden Atem ganz still. Da überlegte Judith, dass sie vielleicht ihre Botschaft überdenken sollte. Nicht aufgeben war ja streng genommen keine wirkliche Option. Nicht aufgeben hieß nur weiterhin kämpfen, weiter zwischen Leben und Tod hängen.
"Werd gesund, kleiner Tiger, werd gesund. Spring wieder über die Felder. Jage den Mäusen hinterher. Sitze stundenlang geduldig vorm Mauseloch. Räkel dich faul in der Sonne. Fauch den Nachbarshund an. Klettere auf den Baum und jammere kläglich, weil du nicht mehr herunterkommst. Dabei habe ich dich heimlich beobachtet. Wenn keiner guckt, kommst du auch allein den Baum herunter. Werd gesund, kleiner Tiger, werd gesund."
Lange Zeit lag Judith neben dem Kater auf dem Boden und erzählte ihm Geschichten vom schönen Katerleben. Plötzlich hörte das Rasseln auf. Dann holte der Kater dreimal keuchend Luft und nieste so heftig, dass grüngelber Nasenschleim nur so herausflog. Zum Glück an Judith vorbei. Dann schaute der Kater Judith an und begann zu schnurren. Eine halbe Stunde später stand er mit steifen Beinen auf, streckte sich und schlich klapperdürr und zottelig, leicht schwankend in die Küche, um etwas zu fressen. Endlich bereit gesund zu sein. Oktober
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Mittwoch, 15. Oktober 2008
14. Oktober - Golo
365und1tag, 00:14h
Es war einmal eine Feldmaus mit Namen Golo. Die hatte eine sehr, sehr große Familie. Die lebte in einem großen Gangsystem unter der Brache am Dorfrand.
Das war ein herrliches Leben! Zwar kamen ab und zu Hunde vorbei und steckten ihre neugierigen Nasen in die Mauselöcher. Manche von ihnen buddelten auch. Aber die Mäuse lachten nur und flitzten durch die vielen Tunnel und Gänge davon. Golo war die vorwitzigste von den Mäusen. Einmal hatte er sogar einem Kater am Schwanz gezogen, der geduldig vor einem Mauseloch ausharrte. Golo war einfach durch die Gänge gelaufen, hinter dem Kater aus einem verborgenen Mauseloch gekrochen und hatte sich hinterrücks angeschlichen.
Aber eines Tages geschah etwas Ungeheuerliches, etwas Unglaubliches. Ein riesiges Monstrum näherte sich dem großen, brach liegenden Feld. Das Monster war grün und hatte an den Seiten große Räder und hinter sich her zog es ein furchteinflößendes, spitzes Gerät. Das sah aus wie eine überdimensionierte Grabgabel. Und genau das war es auch. Golo war der einzige, der zurückblieb, als die übrigen Mäuse in alle Himmelsrichtungen davonhetzten. Mühsam hatte er es bis zu einem kleinen Erdhügel am Feldrand geschafft und schaute zu, was geschah.
Mit ungeheurer Kraft und unaufhaltsamer Geradlinigkeit fuhr das Monstrum die breite Grabgabel gesenkt über die Megacity der Mäuse und grub sie Bahn für Bahn gnadenlos um. Die schönen Tunnel, die wunderbaren Kuschelhöhlen, die Futtergruben - alles wurde einfach von unten nach oben gekehrt. Zerstört. Golo weinte, als er das sah. In diesem Augenblick schwor er die Stadt wieder aufzubauen. So wahr er hier auf dem Erdhügel stand, würde er Golo, die Stadt der Mäuse wieder errichten und zu ihrer alten Größe führen.
Wenig später fraß ihn der Kater, den er am Schwanz gezogen hatte. Nur Golos Leber ließ er liegen. Die schmeckte ihm nicht. Oktober
Das war ein herrliches Leben! Zwar kamen ab und zu Hunde vorbei und steckten ihre neugierigen Nasen in die Mauselöcher. Manche von ihnen buddelten auch. Aber die Mäuse lachten nur und flitzten durch die vielen Tunnel und Gänge davon. Golo war die vorwitzigste von den Mäusen. Einmal hatte er sogar einem Kater am Schwanz gezogen, der geduldig vor einem Mauseloch ausharrte. Golo war einfach durch die Gänge gelaufen, hinter dem Kater aus einem verborgenen Mauseloch gekrochen und hatte sich hinterrücks angeschlichen.
Aber eines Tages geschah etwas Ungeheuerliches, etwas Unglaubliches. Ein riesiges Monstrum näherte sich dem großen, brach liegenden Feld. Das Monster war grün und hatte an den Seiten große Räder und hinter sich her zog es ein furchteinflößendes, spitzes Gerät. Das sah aus wie eine überdimensionierte Grabgabel. Und genau das war es auch. Golo war der einzige, der zurückblieb, als die übrigen Mäuse in alle Himmelsrichtungen davonhetzten. Mühsam hatte er es bis zu einem kleinen Erdhügel am Feldrand geschafft und schaute zu, was geschah.
Mit ungeheurer Kraft und unaufhaltsamer Geradlinigkeit fuhr das Monstrum die breite Grabgabel gesenkt über die Megacity der Mäuse und grub sie Bahn für Bahn gnadenlos um. Die schönen Tunnel, die wunderbaren Kuschelhöhlen, die Futtergruben - alles wurde einfach von unten nach oben gekehrt. Zerstört. Golo weinte, als er das sah. In diesem Augenblick schwor er die Stadt wieder aufzubauen. So wahr er hier auf dem Erdhügel stand, würde er Golo, die Stadt der Mäuse wieder errichten und zu ihrer alten Größe führen.
Wenig später fraß ihn der Kater, den er am Schwanz gezogen hatte. Nur Golos Leber ließ er liegen. Die schmeckte ihm nicht. Oktober
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Montag, 13. Oktober 2008
13. Oktober - Sehnsucht
365und1tag, 22:01h
Woher kommt diese Sehnsucht?
Woher kommt diese Unzufriedenheit?
Besonders bei Menschen, die alles zu haben scheinen.
Bei Menschen, die keine Sorgen kennen.
Und doch gibt es immer etwas, das fehlt.
Dieser Glücksmoment lässt sich nicht konservieren. Wie schön die Sonne auch strahlt, wie wunderbar die Sterne funkeln, wie nah ein geliebter Mensch auch ist.
Der Moment vergeht und übrig bleibt, was fehlt. Was uns zieht und drängt, uns in Bewegung hält.
Auch das ein großes Glück oder einfach nur Leben? Oktober
Woher kommt diese Unzufriedenheit?
Besonders bei Menschen, die alles zu haben scheinen.
Bei Menschen, die keine Sorgen kennen.
Und doch gibt es immer etwas, das fehlt.
Dieser Glücksmoment lässt sich nicht konservieren. Wie schön die Sonne auch strahlt, wie wunderbar die Sterne funkeln, wie nah ein geliebter Mensch auch ist.
Der Moment vergeht und übrig bleibt, was fehlt. Was uns zieht und drängt, uns in Bewegung hält.
Auch das ein großes Glück oder einfach nur Leben? Oktober
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12. Oktober - Schatten
365und1tag, 21:52h
Wenn die Erde sich auf ihrer Reise durchs All mit der nördlichen Halbkugel von der Sonne fortneigt, wird es Herbst. Falls wir sie überhaupt zu Gesicht bekommen zieht die Sonne nur noch in einer flachen Bahn über den Horizont und wirft vor allem lange Schatten. Jedes kleinste Hindernis, ein kleiner Hügel oder ein mehrstöckiges Haus entscheiden darüber, ob die Oktobersonne noch in den Garten fällt oder ins Fenster scheint.
Nicht alle sind so glücklich wie ich. Auf dem Lande direkt am Feldrand wohnend zieht die Sonne fast den ganzen Tag an meinem unverbauten Blick vorbei. Scheint mir ins Fenster und sticht mir in die Augen, wenn ich nicht das Plissee herunterlasse. Welch ein Luxus so ein unverbauter Blick. Dabei verdanke ich ihn nur dem Regionalflugplatz in ein paar hundert Meter Entfernung. Ich stamme aus der Großstadt - der Lärm hat mich niemals gestört - aber ständig umzingelt zu sein von hohen Häusern, gefangen in endlosen Schluchten, eingezwängt in stickigen U-Bahnen - das fand ich gräßlich. Freiraum und Weitblick wollte ich immer schon lieber als kein Lärm. Oktober
Nicht alle sind so glücklich wie ich. Auf dem Lande direkt am Feldrand wohnend zieht die Sonne fast den ganzen Tag an meinem unverbauten Blick vorbei. Scheint mir ins Fenster und sticht mir in die Augen, wenn ich nicht das Plissee herunterlasse. Welch ein Luxus so ein unverbauter Blick. Dabei verdanke ich ihn nur dem Regionalflugplatz in ein paar hundert Meter Entfernung. Ich stamme aus der Großstadt - der Lärm hat mich niemals gestört - aber ständig umzingelt zu sein von hohen Häusern, gefangen in endlosen Schluchten, eingezwängt in stickigen U-Bahnen - das fand ich gräßlich. Freiraum und Weitblick wollte ich immer schon lieber als kein Lärm. Oktober
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