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Montag, 28. Juli 2008
28. Juli - Theresa
365und1tag, 20:12h
Theresa war Sieben als sie beim Spielen verschwand und einfach nicht mehr wiederkam. Sie hatte auf dem Spielplatz im Klettergerüst gemeinsam mit ihren Freundinnen Unterseeboot gespielt.
„Im Grunde war alles wie immer“, hatten Uli und Sophie gesagt. Es war auch kein böser Mann gekommen oder ein Unglück geschehen. Theresa war nur plötzlich vom Gerüst gesprungen und hatte in einem merkwürdig erwachsenen Tonfall – so hatte sich Sophie ausgedrückt – gesagt: „Ich gehe jetzt in die wirkliche Welt und erlebe Abenteuer. Ich komme erst zurück, wenn ich groß bin. Sagt meinen Eltern, sie sollen sich keine Sorgen machen. Tschüß und macht’s gut!“ Sie hatte dann den beiden mit offenem Mund dasitzenden Freundinnen zugewunken und war einfach durch das Gebüsch am Rande des Spielplatzes verschwunden.
Die Eltern hatten eine Vermisstenmeldung aufgegeben, die Polizei hatte Theresa gesucht und Uli und Sophie haben jahrelang darüber gerätselt, wo ihre Freundin geblieben sein könnte. Im Gegensatz zu den Erwachsenen glaubten sie aber fest, dass Theresa wirklich zurückkommen würde, wenn sie genug Abenteuer erlebt hatte und endlich groß geworden war. Und so warteten sie unbeirrbar auf den Tag ihrer Rückkehr. Juli
„Im Grunde war alles wie immer“, hatten Uli und Sophie gesagt. Es war auch kein böser Mann gekommen oder ein Unglück geschehen. Theresa war nur plötzlich vom Gerüst gesprungen und hatte in einem merkwürdig erwachsenen Tonfall – so hatte sich Sophie ausgedrückt – gesagt: „Ich gehe jetzt in die wirkliche Welt und erlebe Abenteuer. Ich komme erst zurück, wenn ich groß bin. Sagt meinen Eltern, sie sollen sich keine Sorgen machen. Tschüß und macht’s gut!“ Sie hatte dann den beiden mit offenem Mund dasitzenden Freundinnen zugewunken und war einfach durch das Gebüsch am Rande des Spielplatzes verschwunden.
Die Eltern hatten eine Vermisstenmeldung aufgegeben, die Polizei hatte Theresa gesucht und Uli und Sophie haben jahrelang darüber gerätselt, wo ihre Freundin geblieben sein könnte. Im Gegensatz zu den Erwachsenen glaubten sie aber fest, dass Theresa wirklich zurückkommen würde, wenn sie genug Abenteuer erlebt hatte und endlich groß geworden war. Und so warteten sie unbeirrbar auf den Tag ihrer Rückkehr. Juli
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Sonntag, 27. Juli 2008
27. Juli - Ein großes Kotelett
365und1tag, 23:33h
Es war einmal ein großes, großes Kotelett. Das hatte einfach keine Lust gebraten zu werden, also sprang es aus der Pfanne und lief davon.
Kaum war es auf der Straße um die Ecke gerannt, da fiel ein Hund über das Kotelett her und versuchte es aufzufessen. Aber das Kotelett wehrte sich und haute dem Hund seinen Knochen ordentlich fest auf die Nase, so dass der Hund jaulend das Maul öffnete, das Kotelett purzelte heraus, rappelte sich auf und rannte weiter. Nach einer Weile war es ganz schön außer Puste. Es blieb stehen und hielt sich die Seite.
Da bemerkte es in der Auslage eines Geschäftes eine schöne Schweinshaxe und entbrannte sofort in Liebe. Mit einem großen Sprung wollte es zu der Schweinshaxe gelangen, aber leider war eine große Glasscheibe dazwischen. Die hatte das Kotelett im Liebestaumel nicht bemerkt. Es tat also einen lauten Klonk und das Kotelett rutschte fettige Schlieren hinterlassend an der Scheibe hinunter. Wieder am Boden angelangt schüttelte sich das Kotelett ein paar Mal, um wieder klar denken zu können. Aber dann beschloss es einfach abzuwarten. Dann würde ihm bestimmt eine Möglichkeit einfallen, wie es zu seiner geliebten Schweinshaxe gelangen könnte. Die hatte wenigstens das große und stattliche Kotelett bemerkt, als es das Fenster hinunterrutschte und blinzelte ihm immer wieder neckisch zu. Das Kotelett winkte mit seinem Knochen zurück.
Schließlich merkte das Kotelett, was das Zwinkern zu bedeuten hatte. Neben der großen Scheibe öffnete sich hin und wieder eine Tür von einem schönen Klingelton begleitet. Das Kotelett musste nur den Augenblick abpassen und sich schnell hindurchschlängeln, bevor die Tür wieder zuschlug. Kaum im Laden sprang es verwegen über den Regenschirmständer in die Auslage und herzte die Schweinshaxe überschwenglich. Und die war hocherfreut, dass dieses tolle, stattliche Kotelett sich gerade für sie, die schönste Schweinshaxe der Welt interessierte. Es hätte alles so schön sein können. Aber plötzlich bohrte sich dem Kotelett eine spießige Gabel in den Rücken und zerrte es fort von seiner geliebten Schweinshaxe, klatschte es unfreundlich auf ein Stück Pergamentpapier, ein paar flinke Finger hoch über dem Kotelett tippten auf Kunststofftasten ein. Es piepte und das Kotelett wurde eingewickelt und in eine Klarsichttüte gepackt. Verzweifelt versuchte es noch einen Blick auf die liebe Haxe zu erhaschen, aber es war zu spät.
Schon versank es in einer dunklen Einkaufstasche und wurde davongetragen. Nach einer ganzen Zeit, die das Kotelett erst in der dunklen Tasche und dann in einer dunklen, kühlen Kammer verbrachte, packte irgendwer das Kotelett aus, würzte es ein wenig mit Pfeffer und warf es in die Pfanne. Aber das Kotelett hatte einfach keine Lust gebraten zu werden, also sprang es aus der Pfanne und lief davon. Juli
Kaum war es auf der Straße um die Ecke gerannt, da fiel ein Hund über das Kotelett her und versuchte es aufzufessen. Aber das Kotelett wehrte sich und haute dem Hund seinen Knochen ordentlich fest auf die Nase, so dass der Hund jaulend das Maul öffnete, das Kotelett purzelte heraus, rappelte sich auf und rannte weiter. Nach einer Weile war es ganz schön außer Puste. Es blieb stehen und hielt sich die Seite.
Da bemerkte es in der Auslage eines Geschäftes eine schöne Schweinshaxe und entbrannte sofort in Liebe. Mit einem großen Sprung wollte es zu der Schweinshaxe gelangen, aber leider war eine große Glasscheibe dazwischen. Die hatte das Kotelett im Liebestaumel nicht bemerkt. Es tat also einen lauten Klonk und das Kotelett rutschte fettige Schlieren hinterlassend an der Scheibe hinunter. Wieder am Boden angelangt schüttelte sich das Kotelett ein paar Mal, um wieder klar denken zu können. Aber dann beschloss es einfach abzuwarten. Dann würde ihm bestimmt eine Möglichkeit einfallen, wie es zu seiner geliebten Schweinshaxe gelangen könnte. Die hatte wenigstens das große und stattliche Kotelett bemerkt, als es das Fenster hinunterrutschte und blinzelte ihm immer wieder neckisch zu. Das Kotelett winkte mit seinem Knochen zurück.
Schließlich merkte das Kotelett, was das Zwinkern zu bedeuten hatte. Neben der großen Scheibe öffnete sich hin und wieder eine Tür von einem schönen Klingelton begleitet. Das Kotelett musste nur den Augenblick abpassen und sich schnell hindurchschlängeln, bevor die Tür wieder zuschlug. Kaum im Laden sprang es verwegen über den Regenschirmständer in die Auslage und herzte die Schweinshaxe überschwenglich. Und die war hocherfreut, dass dieses tolle, stattliche Kotelett sich gerade für sie, die schönste Schweinshaxe der Welt interessierte. Es hätte alles so schön sein können. Aber plötzlich bohrte sich dem Kotelett eine spießige Gabel in den Rücken und zerrte es fort von seiner geliebten Schweinshaxe, klatschte es unfreundlich auf ein Stück Pergamentpapier, ein paar flinke Finger hoch über dem Kotelett tippten auf Kunststofftasten ein. Es piepte und das Kotelett wurde eingewickelt und in eine Klarsichttüte gepackt. Verzweifelt versuchte es noch einen Blick auf die liebe Haxe zu erhaschen, aber es war zu spät.
Schon versank es in einer dunklen Einkaufstasche und wurde davongetragen. Nach einer ganzen Zeit, die das Kotelett erst in der dunklen Tasche und dann in einer dunklen, kühlen Kammer verbrachte, packte irgendwer das Kotelett aus, würzte es ein wenig mit Pfeffer und warf es in die Pfanne. Aber das Kotelett hatte einfach keine Lust gebraten zu werden, also sprang es aus der Pfanne und lief davon. Juli
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Samstag, 26. Juli 2008
26. Juli - Oma Tinchen
365und1tag, 23:39h
Oma Tinchen war ein klein bisschen wunderlich, aber daran hatten sich ihre Verwandten und die Leute in der Straße längst gewöhnt.
Zum Beispiel hängte sie ihre Wäsche immer bei Regen auf die Leine im Garten. So spare sie den Weichspüler, sagte sie immer. Und sie züchtete Schnecken, einfach nur so, weil sie als Kind nie gedurft habe, erklärte sie Frau Bolte auf deren vorsichtige Nachfrage. Oma Tinchen fuhr auch Motorrad, eine alte Maschine mit quer eingebautem Boxermotor. Und wenn Oma Tinchen die Landstraße entlangbretterte schlugen die Schutzbügel aus Metall in den engen Kurven Funken. Manchmal fuhr auch ihre Katze mit, in einem Korb, der vorn am Lenker angebracht war. Aber dann ging Oma Tinchen etwas langsamer in die Kurven, sonst wurde es der Katze schlecht.
Einmal im Jahr, meistens im Sommer, machte Oma Tinchen aber etwas besonders Verrücktes, irgendetwas Ausgefallenes, was sie vorher noch nie gemacht hatte. So bliebe sie im Training, hörte Klerkes Erna, als sie Oma Tinchen darauf ansprach. In diesem Jahr hatte sich Oma Tinchen vorgenommen leckeren Holunderschnaps zu brennen. Dazu baute sie sich eine abenteuerliche Konstruktion zum Destillieren in ihren Gartenschuppen. In der ersten Juliwoche hämmerte und klapperte es aus dem Schuppen, später dann brodelte es und schließlich konnte Oma Tinchen ihren Selbstgebrannten der erstaunten Verwandschaft und Nachbarschaft vorführen.
„Also wirklich, Oma Tinchen“, sagte ihre Enkelin, „ich weiß gar nicht, wie du das alles machst!“ Da zuckte Oma Tinchen nur mit den Schultern. „Eins nach dem andern, ganz einfach“, antwortete sie und schenkte Frau Bolte noch ein Schlückchen ein. Juli
Zum Beispiel hängte sie ihre Wäsche immer bei Regen auf die Leine im Garten. So spare sie den Weichspüler, sagte sie immer. Und sie züchtete Schnecken, einfach nur so, weil sie als Kind nie gedurft habe, erklärte sie Frau Bolte auf deren vorsichtige Nachfrage. Oma Tinchen fuhr auch Motorrad, eine alte Maschine mit quer eingebautem Boxermotor. Und wenn Oma Tinchen die Landstraße entlangbretterte schlugen die Schutzbügel aus Metall in den engen Kurven Funken. Manchmal fuhr auch ihre Katze mit, in einem Korb, der vorn am Lenker angebracht war. Aber dann ging Oma Tinchen etwas langsamer in die Kurven, sonst wurde es der Katze schlecht.
Einmal im Jahr, meistens im Sommer, machte Oma Tinchen aber etwas besonders Verrücktes, irgendetwas Ausgefallenes, was sie vorher noch nie gemacht hatte. So bliebe sie im Training, hörte Klerkes Erna, als sie Oma Tinchen darauf ansprach. In diesem Jahr hatte sich Oma Tinchen vorgenommen leckeren Holunderschnaps zu brennen. Dazu baute sie sich eine abenteuerliche Konstruktion zum Destillieren in ihren Gartenschuppen. In der ersten Juliwoche hämmerte und klapperte es aus dem Schuppen, später dann brodelte es und schließlich konnte Oma Tinchen ihren Selbstgebrannten der erstaunten Verwandschaft und Nachbarschaft vorführen.
„Also wirklich, Oma Tinchen“, sagte ihre Enkelin, „ich weiß gar nicht, wie du das alles machst!“ Da zuckte Oma Tinchen nur mit den Schultern. „Eins nach dem andern, ganz einfach“, antwortete sie und schenkte Frau Bolte noch ein Schlückchen ein. Juli
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