Freitag, 13. Juni 2008
13. Juni - Der Geborenentest
Wenn Du ganz scharf nachdenkst, dann erinnerst Du Dich bestimmt noch an den Geborenentest, den Du vor Deiner Zeugung und Geburt absolvieren musstest.
Denn es darf nicht einfach so jede oder jeder im Bauch einer Frau heranwachsen und geboren werden. Eine gewisse Grundeignung wird inzwischen verlangt. Vor allem in Anbetracht des großen Ansturms von Seelen, die in einen Leib geboren werden wollen. Und für alle Nichtgeborenen hier eine kleine Auswahl aus dem Fragenkatalog, dann könnt ihr schon einmal darüber nachdenken, was Ihr antwortet und ob Ihr nicht doch lieber auf Wolke Sieben bleibt: „Wie lautet der Name des Planeten für den Du Dich beworben hast?“ „Wie heißt die Lebensform, für die Du Dich qualifizieren möchtest?“ „Warum bist Du dafür besonders gut geeignet?“ „Was möchtest Du lernen?“ „Was möchtest Du zum Wohl aller geborenen und ungeborenen Seelen beitragen?“ Und zum Schluß der Warnhinweis: „Du wirst als Geborener großes Glück erleben. Du wirst alles erreichen und lernen, was Du Dir hier und jetzt gewünscht hast, aber dies wird auch mit unangenehmen Erfahrungen, Schmerzen und Leid verbunden sein. Bist Du dazu bereit diese Eigenschaften des Geborenseins in Kauf zu nehmen? Bist Du bereit die große Einsamkeit des Geborenseins kennenzulernen? Wenn ja, unterschreibe unten rechts.“ Tja, liebe geborene Leserin, lieber geborener Leser, Du hast ja schon vor langer Zeit Ja gesagt zum Leben. Wenn Du ganz ehrlich bist, war das doch alles in allem eine richtig gute Entscheidung, nicht wahr? Juni

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Donnerstag, 12. Juni 2008
12. Juni - Der Zwerg
Es war einmal ein Zwerg, der wohnte im Land der Riesen. Dort fühlte er sich immer klein, unnütz und hässlich. Die Riesen verspotteten ihn und machten Weitwurf mit ihm oder steckten ihn in eine Showkanone und schossen ihn damit in einen Riesendunghaufen. Es war ein elendes Leben. Und der Zwerg jammerte und haderte: „Es ist ja so gemein, was diese Riesen mir antun“. Jeden Tag betete er: „Lieber Gott, rette mich aus dieser gräßlichen Lage!“ Eines Tage hatte Gott ein einsehen. Er nahm den Zwerg und setzte ihn in die Welt der Zwerge. Plötzlich war der Zwerg nichts Besonderes mehr, er war nicht größer, nicht kleiner, nicht schöner, nicht hässlicher als all die anderen Zwerge um ihn herum. Da begann er sich zu fürchten. Wo waren die Beschimpfungen und Demütigungen, wo die Kanonenschüsse und Weitwürfe geblieben? Welchen Sinn hatte sein Leben jetzt noch? Also heuerte der Zwerg bei einem Zirkus an, der Zwergenweitwurf zeigte, Zwerge mit Kanonen in Dunghaufen schoss und alberne Zwergenclowns über sich selbst lustig machen ließ. Aber im Zwergenland wollte keiner diesen merkwürdigen Zirkus sehen. So kehrte der Zwerg in dem Zirkus zu den Riesen zurück und führte nun freiwillig die Nummern auf, mit denen er damals gedemütigt wurde. Aber eines Abends trat er vor seinen Wohnwagen und schaute hinauf zu den Sternen. Da wurde ihm klar, dass er endlich wachsen musste. So ließ er den Zirkus hinter sich und kehrte nie wieder ins Land der Riesen und Zwerge zurück. Juni

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Mittwoch, 11. Juni 2008
11. Juni - Gartenparty
Du denkst vielleicht, dass es nachts in Deinem Garten völlig ruhig und gesittet zugeht. Die Vöglein haben sich alle schlafen gelegt, die Würmer räkeln sich endlich unbekümmert in der Erde und sogar die Bienen, Hummeln und sonstigen Flieg- und Krabbeltiere haben sich zur Nachtruhe begeben. Aber in Wahrheit ist es aus einem ganz anderen Grunde so ruhig.
Der kleine Maulwurf hat wie jede Nacht außer montags in seinen Nightclub geladen. Die Grillen spielen auf zum Tanz, die Glühwürmchen leuchten, was die Hinterleiber hergeben und alle Tiere, die tagsüber brav ihren Aufgaben nachgehen, scheren sich einen Dreck um all das, was gemeinhin von ihnen erwartet wird. Die Vögel und die Würmer stehen einträchtig an der Bar und schlürfen einen leicht vergorenen Nektar, die Motten summen zur Musik und die Igel legen mit den Mardern eine kesse Sohle aufs Parkett. Nur die Schnecken treffen meist zu spät ein, weil sie solange überlegen, ob sie heute als Männchen oder Weibchen kommen. Manchmal dürfen sogar ein paar Hauskatzen mitfeiern. Die sind ja bekannt für ihre Diskretion und Verschwiegenheit. Und wenn er besonders gut gelaunt ist, dann spielt der Maulwurf ein Lied auf seiner Stehgeige und singt dazu.
Meistens ist die Party dann so gegen Mitternacht schon vorbei, manchmal auch erst um drei Uhr morgens. Dann schlafen die Tiere wirklich. Der nächste Tag verlangt ja wieder allerhand tierisches Gehabe von ihnen. In Brehms Tierleben steht darüber natürlich nichts. Für uns Menschen muss schließlich alles seine Ordnung haben. Und daran wird auch nicht gerüttelt. Juni

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